In 26 Ländern der Welt ist der Weltfrauen-Tag ein gesetzlicher Feiertag. Auch in Deutschland – zumindest in Berlin. Doch worum geht es beim Weltfrauen-Tag? Geht es immer noch um Gleichberechtigung und Diskriminierung, oder um mehr?
Ende des 19. Jahrhunderts plädierten Frauen- und Arbeiterinnenbewegungen für einen Tag, an dem sich Frauen landes-, beziehungsweise weltweit für Gleichberechtigung, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für Frauen sowie für ein Frauenwahlrecht und gegen Diskriminierung einsetzen.
2020 – Die Schule ist wegen eines Sturms ausgefallen.
„Morgen ist keine Schule wegen Sturmschäden.“ Eine kleine Nachricht im Display des Smartphones, eine Katastrophe für jedes Familienunternehmen. Für eine Stunde war kurz Hektik angesagt, dann konnte einer von beiden Elternteilen doch mobil arbeiten. Danke. Aber auf dem Weg zur Arbeit hörte ich im Radio, wie der Moderator, etwa gleiches Alter wie wir, den Tipp gab, sich von Mutti zu Mutti abzusprechen. Bei einer käme es auf vier bis fünf Kinder mehr nicht an. Wie ungerecht. Wieso von Mutti zu Mutti? Er wollte bestimmt nur einen Witz machen. Aber wieso ist er nicht Zuhause geblieben und hat auf seine Kinder aufgepasst? Wieso ist das Denken unserer eigenen Generation immer noch so, dass natürlich die Mutti zuhause bleibt?
Müssen wir nicht wie Ende des 19. Jahrhunderts auf die Straße gehen, oder kämpfen wir jetzt zuhause für die Gleichberechtigung?
Altersarmut – Frauen sind besonders oft betroffen
Die Erziehung der Kinder oder die Pflege von Angehörigen ist anscheinend Frauensache. Durch die unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung verringert sich das Einkommen, dadurch die Rentenanwartschaft. Demnach ist die Rente bei Frauen über 65 heute im Schnitt um 46 Prozent niedriger als bei Männern. Bleiben wir bei der Pflege von Angehörigen. Einer Studie zufolge übernehmen die Pflege von Familienmitgliedern oft die Frauen. 68% der pflegenden Angehörigen sind weiblich. Der Umfang der Pflege beläuft sich auf 21 Stunden pro Woche. Warum unterbrechen Frauen ihre Erwerbsbiographie so klaglos?
Warum in der Pflege so wenige Frauen Chefin werden
Und dann lesen wir, dass in dem Beruf der Pfleger nur rund 20% Männer arbeiten, also nur jede fünfte Pflegekraft männlich ist. Aber Führungspositionen in der Pflege sind etwa zu 50% männlich besetzt. Die Brüche in der Karriere bedingt durch Kinder (et cetera) scheint es bei Männern nicht zu geben, daher haben sie steilere Karrieren. Warum machen wir es nicht auch so?
Verschenken wir unsere Gleichberechtigung?
Anscheinend gibt es doch noch ein Ungleichgewicht. Nicht nur in Führungspositionen, sondern auch im privaten Umfeld. Im engsten Familienkreis: „Du bist doch eh Zuhause, kannst du…“ oder eben der Moderator im Radio: „Mutti nimmt vier bis fünf Kinder“. Machen wir auf uns aufmerksam. Feiert den Weltfrauen-Tag mit Frauen, die wie wir denken. Sagen wir einfach mal „Nein.“ Ohne schlechtes Gewissen. Ein „Nein“ kann auch ein „Ja“ für die Zukunft sein, in der wir nicht in Armut leben wollen. Und daher brauchen wir ihn – den Weltfrauen-Tag.
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