„Deutsche können nicht mehr kochen“
Das stand am Samstag, den 25.04.2020, in der Zeitung „Main Echo“ und ich war sehr überrascht und anschließend verärgert, was ich dem Artikel noch entnehmen musste.
Hä?? Was ist denn das für ein Artikel?
… dachte ich und habe mir den Artikel genau durchgelesen. In dem Artikel steht, dass die Corona-Krise nach Einschätzung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) uns Deutsche als Kochmuffel entlarvt hat. Außerdem stand da noch, dass die Leute dramatisch auf ihre Kochkünste zurückgeworfen werden, wo alle Restaurants und Imbisse zu haben, „und die sind begrenzt.“
Wie kommen die darauf?
Ist in eurem Bekanntenkreis in letzter Zeit jemand verhungert? Oder hat sich beklagt, dass er nichts zu Essen hat? Bei mir nicht. Und weiter im Artikel steht:
Das Wissen, wie man sich aus mehreren Komponenten eine Mahlzeit zubereitet, werde in den Familien kaum noch vermittelt.[…] Gekocht werde fast nur am Wochenende, und „wenn gekocht wird, dann eher als Event und nicht als Teil einer gewöhnlichen Nahrungsaufnahme“, so der Verbandschef.
(Main Echo, 25.04.2020)
Wie stellt er sich das denn vor?
Ja, was ist das denn für ein Typ? Was denkt der denn, wie der Tagesablauf einer berufstätigen Mutter oder des Vaters wohl aussieht? Aber es kommt noch besser.
„… Nudeln kochen mit Pastasoße drüber, überfordert die meisten auch nicht, […] aber eine Kartoffel sei schon eine Herausforderung. Da müsse man wissen, mit oder ohne Schale, wie viel Salz muss ins Wasser und wie lange muss sie dann kochen. “
(Main Echo, 25.04.2020)
???
Ihr merkt, ich komme aus dem Staunen nicht heraus. Es gibt also viele Leute, die nicht wissen, wie man eine Kartoffel kocht und wie man beispielsweise aus Gemüse, Fleisch und Kartoffeln ein Gericht mit mehreren Komponenten zubereitet? Wobei – Grillen können wir ja, sagte er. Mit Eventcharakter.
Oder liegt es an der Kartoffel?
In der zweiten Märzwoche wurden in Deutschland laut BVE gut 170% mehr Teigwaren verkauft als im Vorjahr und 179% mehr Reis. Noch höher war die Nachfrage nach Mehl, die 200% des Vorjahres betrug, bei Brotbackmischungen waren es 330% und bei Hefe ebenfalls erheblich mehr. Toilettenpapier lag bei 118% des Vorjahres. Für mich sind diese Zahlen kein Indiz dafür, dass man nicht kochen kann.
Zusammenfassung
Leute! Was will der BVE uns sagen? Wir können keine Kartoffeln kochen, weil wir das Zubereiten von Essen nur noch als Event sehen?! Sind aber in der Lage Reis zu kochen? Wieso könnt Ihr Reis kochen, aber keine Kartoffel? Wieso könnt Ihr aus Mehl und Hefe etwas zaubern, seid aber zu blöd eine Kartoffel zu schälen? Ich glaube, niemand hat bei der BVE mal darüber nachgedacht, dass Kartoffeln vielleicht nicht mehr „hipp“ sind, oder einfach nicht jedem schmecken.
Was mich so verärgert hat
Dieser Artikel hat mich mehrfach verärgert. Ich fühle mich angegriffen, weil ich nicht jeden Tag ein frisches Kartoffelgericht auf den Tisch bringe und lehre, wie man mit der Kartoffel umgeht. Wie jeder berufstätige Mensch in Deutschland bin ich knapp 10 Stunden außer Haus. Dann übernehme ich Fahrdienste, Hausaufgabenkontrolle und halte mich fit. In meinem Artikel über „Foodies“ könnt Ihr lesen, dass im Ayurvedischen das Mittagessen eine wichtige Mahlzeit ist, welche frisch und warm eingenommen wird.
Wenn wir es richtig machen, dann kochen wir uns in unserer 30 minütigen Mittagspause eine frische Kartoffel/Gemüse-Pfanne. Und weil es gerade in ist: Regional, Saisonal und Lokal. Aber bitte ohne Freude, soll ja kein Event sein. Verärgert hat mich auch, dass uns unterstellt wird, zu blöd für die Kartoffel zu sein. Und dabei können wohl viele aus Hefe und Mehl einen Kuchen backen, Brot zubereiten und oder sogar Nudeln zaubern?
Ich muss an eine Postkarte denken, die ich mal geschickt bekommen habe. Da stand „Mütter können nicht immer die Welt retten. Sie müssen auch noch kochen.“
Und wieder stelle ich fest, dass es Perfekt nicht gibt, wenn ich mich zwischen der Kartoffel und der Rettung der Welt entscheiden muss.
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